07.02.2022 Nikotinverzicht und Selbsttest

Covid-19: Warum Rauch-Stopp jetzt noch wichtiger ist

Von Annette Bulut
Raucher sterben doppelt so oft an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung wie lebenslange Nichtraucher.
Raucher sterben doppelt so oft an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung wie lebenslange Nichtraucher. Fotoquelle: Kaiserswerther Diakonie / Frank Elschner

Mit dem Rauchen aufzuhören, lohnt sich immer, auch gerade jetzt. Denn eine Raucherlunge hat dem Corona-Virus nicht so viel entgegenzusetzen wie die eines Nichtrauchers. "Schon eine einzige Zigarette schwächt den Reinigungsprozess der Flimmerhärchen in der Lunge für einen ganzen Tag. So können Viren leichter eindringen", erklärt Professor Dr. Stefan Krüger Chefarzt am Florence-Nightingale-Krankenhaus in Düsseldorf-Kaiserswerth.

Experten wissen: Viele Raucher benötigen Unterstützung, um dauerhaft auf Zigaretten zu verzichten. Vor allem dann, wenn die Tabakabhängigkeit stark ausgeprägt ist und die Verhaltensgewohnheit über einen langen Zeitraum besteht. Professor Dr. Stefan Krüger ist Chefarzt der Klinik für Pneumologie, Kardiologie und internistische Intensivmedizin am Florence-Nightingale-Krankenhaus der Diakonie in Düsseldorf und Leiter des Lungenkrebszentrums. Der Arzt weiß aus Erfahrung: "Raucher merken schon nach 14 Tagen Rauch-Stopp, dass sie sich besser fühlen. Der Husten und der schleimige Husten werden geringer, viele können wieder besser schlafen. Auch die Lungenfunktion steigert sich. Nach fünf Jahren Nikotinverzicht ist der Einfluss auf die Entwicklung der Lungenfunktion und auf das Krebsrisiko fast wieder mit der eines Nichtrauchers vergleichbar."

Der Schleim in der Lunge ist ein Nährboden für Viren und Bakterien

Täglich reinigen die Flimmerhärchen der Lunge rund 12.000 Liter Luft von Schadstoffen. Sind die Flimmerhärchen Nikotin ausgesetzt, so verlieren sie auf Dauer zunehmend ihre positive Funktion. Es kommt zu einer chronischen Entzündung in den Bronchien, die zu einer verstärkten Schleimbildung führt. Das ist die Reaktion auf die ständige Inhalation der krebserregenden Schadstoffe.

Der Schleim in den Bronchien ist ein idealer Nährboden für Viren und Bakterien, weshalb jetzt ein Rauch-Stopp umso wichtiger ist. Zudem sind Lunge und Organe von Rauchern quasi in einem ständigen Entzündungsprozess aufgrund des Nikotins. Ihre Entzündungsmarker im Blut sind in der Regel erhöht. Diese chronische Entzündung wiederum schwächt das Immunsystem und kann weitere Entzündungen, wie sie das Corona-Virus im Organismus auslöst, nicht mehr gut kompensieren.

Das heißt: Rauchen schwächt die körpereigene Abwehrkraft. Bewegung, gesunde Ernährung und weitgehender Verzicht auf Alkohol sowie Nikotin stärken die Körperabwehr generell gegen Infektionen und somit auch gegen eine Corona-Erkrankung. 

Rauchen ist außerdem der Hauptrisikofaktor für Lungenkrebs und erhöht das Erkrankungsrisiko für chronische Atemwegserkrankungen wie COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung). Nikotinabhängige haben zudem ein vielfach erhöhtes Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall. Laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung sterben jährlich über 120.000 Menschen an den Folgen des Nikotinkonsums.

Raucher sterben doppelt so oft an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung wie lebenslange Nichtraucher. Das Risiko steigt abhängig von der Zahl der Zigaretten, die ein Mensch im Laufe seines Lebens geraucht hat. Nach einem Rauchstopp geht dieses Risiko kontinuierlich zurück. Es ist also nie zu spät, mit dem Rauchen aufzuhören.

Nach Rauch-Stopp: Der Körper erholt sich

Es gibt aber auch eine gute Botschaft: Der Körper kann sich vom Nikotin erholen. Und das kann man schon relativ schnell nachweisen. Bei manchen Anbietern von Raucher-Entwöhnungskursen wird zu Anfang bei jedem Teilnehmer in der ersten Kursstunde den Kohlenstoffmonoxid-Wert mit einem Atemtestgerät gemessen. Kohlenstoffmonoxid ist ein Atemgift und entsteht, wenn die Zigarette verbrennt. Es blockiert die Sauerstoffzufuhr von der Lunge zu den Organen. Dadurch kommt es zu einem Sauerstoffmangel. Langfristig fördert es auch die Arterienverkalkung, Ursache für Herzinfarkt und Schlaganfall. Wenn am Ende des Kurses nochmals der Kohlenstoffmonoxid-Werts der Atemluft durchgeführt wird, hat sich der Wert bereits deutlich verringert.

Doch obwohl Raucher wissen, wie ungesund das Rauchen ist, gelingt es vielen trotzdem nicht, dauerhaft vom Glimmstängel loszukommen. Denn ein Verzicht auf das gewohnte Suchtmittel führt bei Nikotinabhängigen zu Entzugserscheinungen. Gereiztheit, schlechte Stimmung, Stress sind die Folgen. Deshalb sind Raucherentwöhnungs-Kurse in Kombination mit einer verhaltenstherapeutischen Selbstkontrolle – und je nach Einzelfall Medikamenten – die beste Unterstützung für einen erfolgreichen Rauch-Stopp. Das Florence-Nightingale-Krankenhaus in Düsseldorf-Kaiserswerth bietet solche Entwöhnungskurse an.

"In der Therapie geht zunächst darum, die Motivation zum Aufhören zu stärken sowie die Beobachtung und das Bewusstmachen eigener Verhaltensweisen im Hinblick auf das Rauchen zu fördern", sagt Gudrun Schill. Sie ist die zertifizierte Rauchfrei-Trainerin im Florence-Nightingale-Krankenhaus. Dieses Jahr wird es noch zwei Kurse geben für sechs bis zwölf Teilnehmer. Gestartet wird mit einer verpflichtenden Teilnahme an einer Informationsveranstaltung. Dann geht's mittwochs weiter für 1,5 Stunden von 16.30 Uhr bis 18 Uhr über einen Zeitraum von sechs Wochen. Die Kurse beginnen im Mai und Oktober. "Die Raucher müssen nicht am ersten Tag gleich aufhören zu rauchen. Wir beginnen den Rauch-Stopp gemeinsam in der Gruppe. Die Teilnehmer rauchen also gemeinsam ihre letzte Zigarette im Kurs", erklärt Schill. Begleiten, zuhören, Motivation, über Rückfälle sprechen, Selbstanalyse und Alternativen zum Rauchen anbieten sind wichtige Dinge, die der Kurs als Unterstützung anbietet. "Ich bin selbst Ex-Raucherin und habe deshalb viel Verständnis für die Teilnehmer", sagt Schill, die neben ihrer Tätigkeit als Kursleiterin als stellvertretende pflegerische Abteilungsleiterin "im Lungenkrebszentrum am Patientenbett tätig ist".

Was der Verzicht auf die tägliche Zigarette bringt:

  • Schon nach rund 20 Minuten normalisieren sich Puls und Blutdruck, Hände und Füße werden besser durchblutet.
  • Nach mehr als acht Stunden ist die Sauerstoffversorgung des Körpers messbar verbessert.
  • Bereits nach ein bis zwei Tagen sinkt das Herzinfarktrisiko. Der Geruchs- und Geschmackssinn steigern sich.
  • Nach über zwei Wochen verbessert sich messbar die Lungenfunktion.
  • Nach rund einem Monat gehen die Hustenanfälle zurück und das Immunsystem ist stärker.
  • Nach einem Jahr sinkt das Herzinfarktrisiko um die Hälfte.
  • Nach circa fünf Jahren halbiert sich das Risiko für Mund-, Kehlkopf-, und Speiseröhrenkrebs.
  • Nach fünf Jahren ist das Risiko für Lungenkrebs deutlich gesunken.
  • Nach 15 Jahren ist das Risiko eines Herzinfarkts vergleichbar mit einem Nichtraucher.

E-Zigarette: Dampfen statt Rauchen?

Manche Raucher wollen mithilfe der E‐Zigarette mit dem Rauchen aufhören oder die Anzahl der gerauchten Tabakzigaretten zumindest reduzieren. Der vermeintliche Vorteil ist eine Nikotinzufuhr ohne Tabakverbrennung in der Lunge. E-Zigaretten haben außerdem weniger schädliche Substanzen. Doch der Nutzen für einen endgültigen Rauch-Stopp ist wissenschaftlich nicht erwiesen. Allerdings kann Dampfen die Entzugserscheinungen und das Verlangen nach einer Zigarette verringern. Zum Rauch-Stopp ist diese Methoden der Tabakentwöhnung nach Expertenmeinung dennoch eher ungeeignet. "Grundsätzlich halte ich nichts von der E-Zigarette. Denn das Ritual des Rauchens wird nicht unterbrochen", sagt Schill. "Für Jugendliche kann die E-Zigarette sogar der Einstieg für das Zigarettenrauchen sein", ergänzt Prof. Krüger.

Die beste Art und Weise sich das Rauchen abzugewöhnen ist daher die sogenannte "Schlusspunktmethode mit einer Verhaltensänderung" in einem Raucherentwöhnungskurs wie der von Gudrun Schill. Er wird nach dem etablierten Gruppenprogramm der des Instituts für Therapieforschung (IFT) durchgeführt.

Zigarettenabhängigkeit: Testen Sie sich selbst

Der Fagerström-Test ist ein international gebräuchlicher Test, um Nikotinabhängigkeit zu diagnostizieren.

Wann nach dem Aufstehen rauchen Sie Ihre erste Zigarette?

  • nach 5 Minuten (3 Punkte)
  • nach 6 - 30 Minuten (2 Punkte)
  • nach 31 - 60 Minuten (1 Punkt)
  • nach mehr als 60 Minuten (0 Punkte)

Finden Sie es schwierig, an Orten, wo das Rauchen verboten ist, das Rauchen zu unterlassen?

  • ja (1 Punkt)
  • nein (0 Punkte)

Auf welche Zigarette würden Sie nicht verzichten wollen?

  • die erste am Morgen (1Punkt)
  • andere (0 Punkte)

Wie viele Zigaretten rauchen Sie im Allgemeinen pro Tag?

  • 31 und mehr (3 Punkte)
  • 21 - 30 (2 Punkte)
  • 11 - 20 (1 Punkt)
  • bis 10 (0 Punkte)

Rauchen Sie am Morgen im Allgemeinen mehr als am Rest des Tages?

  • ja (1 Punkt)
  • nein (0 Punkte)

Kommt es vor, dass Sie rauchen, wenn Sie krank sind und tagsüber im Bett bleiben müssen?

  • ja (1 Punkt)
  • nein (0 Punkte)

Auswertung des Fagerström-Tests

Die Gesamtpunktzahl liefert eine zuverlässige Einschätzung der Stärke der Tabakabhängigkeit.

  • 0 - 2 Punkte sprechen für eine geringe körperliche Abhängigkeit.
  • 3 - 4 Punkte sprechen für eine mittlere körperliche Abhängigkeit.
  • 5 - 6 Punkte sprechen für eine starke körperliche Abhängigkeit.
  • 7 - 10 Punkte sprechen für eine sehr starke Abhängigkeit.

(Quelle: https://www.dkfz.de/de/tabakkontrolle/Fagerstroem.html)

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